41. Internationales Musikfest 2025 Musik zu Chaplins „City Lights“

Di, 17.06.  |  19:30-21:55  |  Ö1
ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Dirigent: Timothy Brock. Timothy Brock: Musik zu dem Film „City Lights“ von Charles Chaplin (aufgenommen am 4. Juni im Großen Konzerthaussaal in Wien in 5.1 Surround Sound)

„Der Tag, an dem ich mein aktuelles Werk City Lights vollendet hatte, war voller Erleichterung. (…) Normalerweise gehe ich nach jedem Film für ein oder zwei Tage ins Bett, um meine Nerven zu regenerieren, aber diesmal stand noch eine weitere Aufgabe bevor: das Komponieren der Musik und ihre Synchronisierung mit dem Film.“ – Charlie Chaplin 1932, ein Jahr nach der Premiere von City Lights.Als Charlie Chaplin 1928 mit der Arbeit an City Lights beginnt, ist der Tonfilm bereits erfolgreich in den Kinos etabliert. Trotzdem entscheidet er sich für einen weiteren Stummfilm, den er wieder entlang der Figur des Tramps entwickelt: Dieser verliebt sich in ein blindes Blumenmädchen, dessen Schicksal er mit allen Mitteln zum Besseren wenden möchte. Trotz – oder vielleicht gerade wegen – des Stummfilm-Anachronismus wird City Lights zu einem der erfolgreichsten Filme der 1930-er Jahre. Chaplin brilliert nicht nur als Drehbuchautor, Regisseur und Schauspieler, sondern wagt sich auch auf neues Terrain: Für City Lights komponiert er zum ersten Mal die gesamte Filmmusik.Chaplin wächst zur Jahrhundertwende umgeben vom Sound der Londoner Music Halls auf: Beide Eltern sind Unterhaltungskünstler, er selbst tritt schon als Kind im Varieté auf und ist später mit der Karno Company auf Tour. Er liebt klassische Musik und bringt sich selbst das Geige-, Cello- und Klavierspiel bei. Aus diesem musikalischen Fundus schöpft er bei seiner Komposition für City Lights. Gemeinsam mit seinem Arrangeur Arthur Johnston schreibt er Musik, die den vielfältigen Ansprüchen seines Films gerecht wird: Sie unterstreicht Handlung und Tempo, unterstützt die tänzerische Pantomime Chaplins, sorgt für komische Effekte und bereitet den Boden für die große Romanze. Chaplin verwendet dafür zahlreiche populäre Melodien der damaligen Zeit: Wenn der Tramp auf den betrunkenen Millionär trifft, erklingt im Orchester How Dry I Am von Irving Berlin und als er das blinde Blumenmädchen kennenlernt, ist zum ersten Mal die Habanera La Violetera von José Padilla zu hören, die sich später wie ein Leitmotiv durch den Film ziehen soll. Apropos Leitmotiv: Neben den vielen tänzerischen Einlagen komponiert Chaplin auch „Promenadenthemen“, die immer dann erklingen, wenn der Tramp es gerade wieder mehr oder weniger eilig hat, sich von einer Szene in die nächste zu retten.Timothy Brock, der große Experte für Stummfilmmusik, rekonstruiert vor einigen Jahren die Musik zu City Lights. Authentizität bewahren und so wenig wie möglich in das ursprüngliche Material einzugreifen, ist dabei sein großes Ziel. Wenn es doch einmal sein muss, hat das oft rein praktische Gründe: Chaplin komponierte beispielsweise für eine Kapelle mit lediglich drei Holzbläsern, was dazu führte, dass der erste Holzbläser bei jeder Aufnahme zwei Saxofone um den Hals trug, beide Klarinetten auf dem Schoß hatte und das Baritonsaxofon an seiner Seite bereitstand. Ganz so schwer werden es die Musiker:innen des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien dank Timothy Brock also nicht haben, und mit Livemusik zum Film kehrt das RSO einmal mehr zu seinen Wurzeln als Rundfunkorchester zurück.Text: Anna Jagenbrein

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