Stimmen hören Lotte Rysanek, Ernst Gutstein zum „100er“

Do, 02.05.  |  14:05-15:30  |  Ö1
Eine Sopranistin und ein Bariton aus Wien – ihre Stimmen, ihre Aufnahmen, ihre Karrierewege.

Nur in den gediegensten Plattensammlungen kommt Ernst Gutstein vor: Als Verdis „Macbeth“ an der Seite von Inge Borkh, in Niolais „Lustigen Weibern von Windsor“ und in Werner Egks „Columbus“ gemeinsam mit Fritz Wunderlich, in einem deutsch gesungenen „Rigoletto“ – aber dann ist bald Schluss. Und doch war Ernst Gutstein, der gebürtige Wiener von Jahrgang 1924, ein im deutschen Sprachraum für vielfältige Aufgaben im Bereich der Gegenwartsmusik gesuchter Mann, der auch im „großen“ Repertoire bestand, in seinen zentralen Karrierejahren überdies Mitglied der Wiener Staats- und Volksoper, und noch im hohen Sängeralter (er starb 1998) ein mit saftiger Stimme und markanter Diktion sofort Wiedererkennbarer. Warum ist jedes Gefühl für die Meriten einer solchen sich nicht in permanentem Unterwegs-Sein verschleißenden Sänger-Existenz verlorengegangen?So hat auch Lotte Rysanek, die (ihr im Timbre so ähnliche!) Schwester der international aktiven Leonie Rysanek, wie sie aus kleinsten Verhältnissen in Wien aufgestiegen, Jahrgang 1924 wie Ernst Gutstein, das genommen, was ihr an den beiden Opernhäusern ihrer Heimatstadt Wien angeboten wurde. Für eine Weile stand Lotte Rysanek im Rang der „Operettendiva“ der Volksoper (die wenigen kommerziellen Einspielungen mit ihr gehen in diese Richtung), danach, rund um 1970, war man im Haus am Ring froh, eine so verlässliche und stets verfügbare Repertoire-Besetzung für vieles bei Verdi, Puccini, Leoncavallo zu haben. Heute hineingehört in von den Fans der Sängerin gemachte Live-Aufnahmen ihrer Auftritte: nach aktuellem Maßstab eine Welt-Stimme, zugleich eine Sängerin, die sich vielleicht gar nicht hätte aufgeben wollen im hektischen Karriere-Getriebe, die stattdessen auch Familie haben wollte, Überschaubarkeit.

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