Punkt eins Westsahara: Die „letzte Kolonie“ und ihre Unterdrückten

Do, 25.04.  |  13:00-13:55  |  Ö1
Der Kampf der Sahrauis um Unabhängigkeit – und die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft. Gast: Nadjat Hamdi, Vertreterin der Frente Polisario in Deutschland.Moderation: Xaver Forthuber. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Mit dem Rückzug der spanischen Kolonialmacht als eine der letzten Europas 1975 hätte das Gebiet Westsahara zu einer unabhängigen Republik werden können. Doch das Territorium wurde umgehend zum größten Teil von Marokko besetzt, und dieser Zustand hält bis heute an. Ein von den Vereinten Nationen vorgesehenes Unabhängigkeitsreferendum hat nie stattgefunden. Die Sahrauis – die einheimische Bevölkerung – lebt seither in Unterdrückung. Die Befreiungsbewegung Frente Polisario kontrolliert lediglich einen dünn besiedelten Landstrich, in dem etwa 30.000 Personen leben. Ein Großteil der Bevölkerung wurde aus ihrem angestammten Gebiet vertrieben. Rund 175.000 Geflüchtete leben in Lagern im benachbarten Algerien, teils schon in der dritten Generation.Bereits kurz nach dem offiziellen Ende der Kolonialherrschaft rief Frente Polisario die Demokratische Arabische Republik Sahara (DARS) aus. Ein langer Guerillakrieg der Polisario gegen die marokkanische Besatzungsmacht mündete 1991 in einen von den UN vermittelten Waffenstillstand, der auch vorsah, die Bevölkerung über ihren zukünftigen Status entscheiden zu lassen: Integration in den marokkanischen Staat, Autonomiegebiet oder unabhängige Republik. Doch das Abkommen wurde nicht eingehalten. Stattdessen flammte der Konflikt 2020 wieder auf. Zuletzt berichtete eine französische Zeitung Ende März 2024 von marokkanischen Drohnenangriffen auf sahrauische Zivilist:innen. Generell hält sich die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit aber in Grenzen.Die Arabische Republik Sahara war zwischenzeitlich von 86 Staaten anerkannt, viele haben ihre Anerkennung aber wieder zurückgezogen. Nadjat Hamdi, die die Frente Polisario in Berlin repräsentiert, ist vor allem auch enttäuscht von Europa, das den wichtigen Handels- und Sicherheitspartner Marokko offenbar nicht verstimmen will. Auch Österreich ist mit Firmenstandorten und Investitionen in Millionenhöhe in dem nordafrikanischen Staat vertreten und schickt immer wieder Wirtschaftsdelegationen. Die begehrten Rohstoffe, auf die Europa nicht zuletzt für seine Energiewende setzt, kommen allerdings zu großen Teilen aus der besetzten Westsahara; auch Tourismusdestinationen liegen dort, mit denen Marokko gute Geschäfte macht. Für Nadjat Hamdi ist das ein klarer Völkerrechtsbruch. Die Polisario-Vertreterin in Deutschland wirft europäischen Konzernen, aber auch Regierungen und internationalen Organisationen öffentlich vor, das Selbstbestimmungsrecht des sahrauischen Volkes für ihre eigenen Interessen zu opfern und über das andauernde Leid der in Vertreibung oder Besatzung lebenden Menschen hinwegzusehen. Im Zuge eines Wien-Besuchs, bei dem sie am Abend an einer Diskussion über die Frauen im Widerstand teilnehmen wird, spricht Nadjat Hamdi mit Xaver Forthuber und unseren Hörer:innen über das Leben der Sahauris in der Westsahara und im Exil sowie über ihren fortgesetzten Kampf um Anerkennung. Reden Sie mit: Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at

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