37°: Weiblich, Ü50, viele Liebhaber Film von Max Damm

Di, 17.06.  |  0:00-0:30  |  3sat
Untertitel/VT Gebärdensprache Hörfilm/AD  Länge: 30 Min.

Frauen über 50 und offen gelebte Sexualität – für viele Menschen ein Tabu. Nie zuvor konnten Frauen in diesem Alter ihre Sexualität so offen, selbstbestimmt und finanziell unabhängig leben.

Entgegen der Moralvorstellung vieler Menschen genießen die Protagonistinnen des Films das Leben. Sie haben Sex mit wechselnden Partnern und sprechen offen darüber. Was bedeutet dieser Tabubruch für sie? Fängt mit Mitte 50 das Leben vielleicht erst an?

Für den Film hat Max Damm drei Frauen über 50 begleitet, die das Filmteam sehr nah in ihr Leben ließen und eines gemeinsam haben: Sie haben Sex mit wechselnden Partnern und fallen so gleich zweifach aus der Norm. Frauen und wechselnde Sexualpartner sind das eine, wenn aber eine ältere Frau so lebt, sind das auch heute noch für viele Menschen gleich zwei Tabus auf einmal.

Christiane ist Medizinerin und besucht regelmäßig Swingerklubs. Was sie von so einem Abend erwartet? "Viele Männer", antwortet sie ganz selbstverständlich auf diese Frage. Der Film begleitet sie beim Klubbesuch. Wie so ein Abend ausgeht? Meistens tatsächlich mit einigen erotischen Bekanntschaften. Dabei bleibt der Film aber nicht an der Oberfläche, sondern geht tiefer: Was gibt ihr diese Art zu leben? Und was bedeutet es für eine 62-jährige Medizinerin, wenn sie ihre Sexualität so offen lebt? Der Film begleitet sie auch bei einem Hotel-Date und im Kontext ihrer Familie. Wie ist es für Christianes Kinder, dass ihre Mutter so offen mit ihrer Sexualität umgeht? Und was sagt ihr Mann dazu?

Auch die 58-jährige Lio lebt ihre Sexualität mittlerweile offen aus – das war für sie aber ein langer Weg. Heute ist sie Single, datet Männer und Frauen, hat mehrere Liebschaften und besucht regelmäßig sexpositive Klubs wie den "KitKatClub" in Berlin. Was an so einem Abend passiert? "Ich hab auch schon gesehen, wie eine Frau einem Mann einen Blowjob gibt", erzählt sie, während sie sich ein Kinky-Outfit für den Abend aussucht. Früher hätte sie nie gedacht, dass das etwas für sie sein könnte. Heute ist sie tief in der sexpositiven Szene Berlins verwurzelt. Diese Entwicklung hat sie Kraft gekostet und kam nicht von allein. Auch für Tochter Johanna ist die Verwandlung ihrer Mutter immer noch unbegreiflich: "Du hättest auch eine richtig gute Muddi werden können", sagt sie lachend zu Lio, als die beiden sich Fotos von früher anschauen.

Für Protagonistin Sandra war es ebenfalls nicht leicht, sich den eigenen Wünschen zu stellen. Nach einigen lebensverändernden Ereignissen fragt sie sich irgendwann: Was will ich denn eigentlich wirklich? Sie beschreibt ihren Weg zum offenen Umgang mit der eigenen Sexualität als Prozess, sich selbst kennenzulernen. Für sie sei dieser Weg noch lange nicht zu Ende – und doch musste sie sich bereits vielen Ängsten stellen, um dahin zu kommen, wo sie heute ist. "Es geht mir nicht darum, eine möglichst große Anzahl zu sammeln oder tabulos zu sein", sagt sie über sich selbst.

Der Film begleitet sie unter anderem zu einem sogenannten Wunschberührungsabend und bei einem intimen Date. Dabei thematisiert sie auch offen ihre Sorgen, wie wohl ihr Umfeld darauf reagieren wird, dass sie in einem Film über ihre Sexualität spricht. "Was könnte passieren, wenn ich das nächste Mal beim Schlachter stehe?", fragt sie sich.

Was bleibt, sind offene Fragen: Was bedeutet Selbstbestimmung jenseits von Jugendkult und Schamgrenzen? Wie wollen wir in Zukunft mit Tabus umgehen? Und brauchen wir vielleicht einen bewussteren Umgang damit? Wie viel gesellschaftliches Tabu steckt noch immer in weiblicher Lust – besonders im Alter? Und: Wer bestimmt eigentlich, was "normal" ist?



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