Re: Wenn das Jugendamt eingreift Reportage Deutschland 2024

Fr, 03.05.  |  12:10-12:40  |  ARTE
Untertitel/VT Stereo  Information, 2024
In Deutschland werden immer mehr Kinder zu ihrem Schutz von den Behörden aus ihren Familien genommen. 2022 waren es mehr als 66.000 Minderjährige, rund 40 Prozent mehr als im Vorjahr, die in sogenannte Obhut kamen. Seit der Pandemie nehmen die Fälle akuter Kindeswohlgefährdung dramatisch zu. Eine große Herausforderung für die Mitarbeiter der oft überlasteten Jugendämter.

Verwahrlosung, Gewalt oder sexuelle Übergriffe - jeden Tag gehen im Jugendamt Essen Meldungen mit Verdacht auf Kindeswohlgefährdung ein. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen dann schnell handeln und den Fällen nachgehen. Was ist in den Familien los? Ist ein Kind in Gefahr? Das letzte Mittel der Behörde ist eine sogenannte Inobhutnahme. Dann wird das Kind sofort in eine Kurzzeitpflegefamilie oder in eine Notunterkunft gebracht. Ein tiefer Einschnitt für eine Familie und das betroffene Kind.
Sozialpädagogin Charline Jakobi betreut neben den akuten Fällen rund 30 Familien, die Schwierigkeiten haben. Bis sie und ihre Kollegen sich durchringen, ein Kind in Obhut zu nehmen, versuchen sie - wenn möglich - die gefährdeten Familien zunächst mit Überzeugungsarbeit und ambulanten Familienhilfen zu unterstützen. Erst wenn das nicht weiterhilft, wird das Kind aus der Familie genommen.
Doch den Jugendämtern wird häufig angelastet, Kinder übereilt und ohne ausreichenden Grund aus ihren Familien zu reißen. Diese letzte aller Maßnahmen schürt auch bei Sozialarbeiterin Charline Jakobi immer wieder Zweifel. Ist es wirklich der richtige Schritt? Könnten die Eltern noch besser unterstützt werden? Und kann das Jugendamt weitere Maßnahmen noch schultern?
Denn Jugendämter in ganz Deutschland arbeiten längst an der Belastungsgrenze und darüber hinaus: zu wenig Fachpersonal, zu wenige Unterkünfte, zu viel Bürokratie und zu wenig Zeit für präventive Maßnahmen in den Familien. Das treibt auch Charline Jakobi um: „Ich kann es oft nicht aushalten, nicht allen gerecht zu werden.“

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