Nach einer wahren Geschichte Von den Banlieues zum Elysée

Mo, 22.04.  |  3:30-3:55  |  ARTE
Gebärdensprache Stereo  Kultur, 2019
Im Jahr 1983 beschloss eine Gruppe Jugendlicher aus dem Viertel Minguettes in Vénissieux, einer Vorstadt von Lyon, von Marseille nach Paris zu marschieren, um gegen Rassismus und die allgegenwärtige Polizeigewalt zu demonstrieren. 30 Jahre nach dem historischen Protestmarsch für die Gleichheit erinnert der Film „La Marche“ von Nabil Ben Yadir an ein vergessenes Kapitel der französischen Geschichte: die kollektive Erfahrung von Immigrantenkindern aus Nordafrika. Die Gruppe um Djamel Atallah, Toumi Djaïdja und Pater Christian Delorme kämpfte für ihre Rechte und verkündete laut und deutlich: Wir sind von hier!

Anfang der 80er Jahre setzte mit dem Traum vom Eigenheim der Exodus in den Wohnsiedlungen von Minguettes bei Lyon ein. Es blieben nur die Ärmsten zurück, größtenteils Einwanderer aus dem Maghreb und ihre Familien. Wie viele ihrer Altersgenossen waren Toumi Djaïdja und Djamel Attalah in der Siedlung aufgewachsen. Sie war nicht nur ihre Heimat, sondern auch der einzige Ort Frankreichs, der ihnen zugänglich war.

Zwischen 1981 und 1983 nahm die Zahl fremdenfeindlicher Übergriffe in Frankreich stark zu und die Rechtsradikalen fanden enormen Zuspruch. Gewaltsame Zusammenstöße zwischen Jugendlichen mit Migrationshintergrund und Sicherheitskräften standen auf der Tagesordnung. 1983 wurde Toumi Djaïdja eines Abends von einem Polizisten mit einer Schusswaffe verletzt. Er entging nur knapp dem Tod.

Zurück in Minguettes schlug er seinen Freunden vor, den Kampf mit einer anderen Waffe weiterzuführen: der Gewaltlosigkeit. So entstand die Idee eines friedlichen Protestmarsches von Marseille nach Paris. Mit der Unterstützung von Pater Delorme zogen Toumi, Djamel und 15 weitere Jugendliche quer durch das Land, um ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen und für die Anerkennung der Immigrantenkinder als Franzosen zu demonstrieren. Sechs Wochen später schlossen sich in Paris mehr als 100.000 Demonstranten ihrem Protestzug an.

Dank der landesweiten Aufmerksamkeit, den der Protestmarsch erzielt hatte, wurde der zehnjährige Aufenthaltstitel für Einwanderer eingeführt. Dies war das einzige Ergebnis, das sich in der Gesetzgebung niederschlug. Die Organisatoren hatten mehr vom Staat erwartet. Eine weitere Enttäuschung: Den Teilnehmern des Marsches gelang es nicht, sich zu einer landesweiten Bewegung zusammenzuschließen. Im Jahr darauf sollte eine andere Organisation, SOS Racisme, von ihren Bemühungen profitieren. In Frankreich blieb die kleine gelbe Hand noch lange das Symbol für den Kampf gegen den Rassismus – auch wenn die Marschierenden weitaus größere Ziele gehabt hatten.

Regie: Ruxandra Annonier

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