W24 – Programmchef Kofler im Talk

W24 – der 24 Stunden Tag mit Nacht – in Wien!

W24 – ein lokaler Wiener Sender, ausgestrahlt über UPC. Macht das Sinn? Wie sieht Michael Kofler die Zukunft des Fernsehens? TVButler traf den W24-Programmdirektor.

Hier das Gespräch!

Der Weg zu W24

Missindorfstraße im 14. Wiener Bezirk. Viele Stiegen. Meine führt zu Michael Kofler, Programmdirektor von W24. Nachfrage bei einem LKW-Lenker, den selbst Zweifel gepackt haben, ob ich hier richtig bin. Aufzug Richtung Dachgeschoß. Kaum aus dem Lift, steht ein Fahrrad am Gang. Schnittig, rot, Rennrad, wem es wohl gehört?
 
Das Entree lässig. Der Empfang ebenso. Ich werden gebeten, zu warten. Herr Kofler kommt gleich. Dann ein Gespräch über Alltag, Zukunft und was sonst noch so anfällt … bei einem Stadtsender, der wachsen will.
 
Ausgestrahlt wird W24 auf UPC.
Einem Kabelbetreiber der Partner Wien Holding.

Die Fragen – die Antworten

Frage zum Auftakt: Trendforscher haben längst das Ende des Fernsehen vorhergesehen … Sind die blind oder ist da etwas dran?
Na ja, weil offensichtlich Fernsehen gelernt ist, stimmt da was nicht. In jedem Haushalt gibt es mindestens ein Fernsehgerät. Seit Generationen gehört es zur Alltagskultur dazu, Fernsehen zu schauen. Ähnlich wie beim Buch. Beim Fernsehen hat sich doch vieles verschoben. Durch die Digitalisierung, durch die einfache Auswahlmöglichkeit. Es gibt viele Kanäle. Das ist die große Herausforderung, wie man sich mit seinem Sender präsentieren kann, damit einem die ZuseherInnen noch ein Auge schenken können.
 
Was ist hier der Haupt-Fokus?

Zwei große Stränge werden überleben: Das eine ist das große, große internationale Fernsehen auch mit Hollywood, den Blockbustern, aufwändig und teuer produziert. Das andere ist das Regionale, der unmittelbare Content. Gerade kleine Sender überlegen da genau, was bietet man im Bouquet an. Was sind die Schwerpunkte.
 
Wo und wie konzentrieren Sie hier die Themen.
In der Stadt, in Wien. Alles was wir machen, muss mit Wien zusammenhängen. Das heißt nicht, dass wir internationale Themen ausschließen, aber der Zusammenhang mit der Stadt muss da sein. Nahost-Konflikt kann natürlich auch ein Thema sein, aber bei uns gibt's dann die Überlegung, was sagen die jeweiligen Communities dazu. Was gibt es da für Geschichte zu erzählen. Die Menschen suchen Nähe, sie suchen Hoffniung und Orientierung in einer Zeit der großen Unsicherheit. Diese Nähe versuchen wir ihnen zu bieten.
 
Community rund um die Uhr?
Von 6.00 bis 21.00 liefern wir stündlich aktualisierte Nachrichten. Jede Wienerin und und jeder Wiener wird ab Herbst zwischen 18.00 und 21.00 Uhr zusätzlich die Möglichkeit haben, bei uns reinzuschauen, um zu wissen, was es in der Stadt Neues gibt. Service pur.
Ein zweiter Schwerpunkt: zunehmend live und vor Ort. Monumentale Geschichten, wie hier stürzt ein Haus ein, da ist es unsere Aufgabe unmittelbar live dabei zu sein. Hausräumung mit einer Übermacht an Polizisten gegen ein paar Besetzern. Das wollen die Zuseher sehen. Einfach Stadt ganz nah!
 
Ist eigentlich der ORF eine Konkurrenz mit „Wien heute“?
Nun ja, „Wien heute“ hat eine halbe Stunde. Insofern für uns keine Konkurrenz. Unser USP, kein anderer Sender hat soviel Zeit für die Stadt. Wir haben sie für Gespräche, Reportagen, Dokumentationen … und wir nutzen das auch. Wir sind hier nicht so dem klassischen Druck unterworfen.


W24-Programmdirektor Michael Kofler im Gespräch

Wie ist's mit den neuen Medien …

Ist das Internet für Sie eine kommende Bedrohung oder eher eine Ergänzung des Medienkonsums?
Wir sind dabei unsere digitale Präsenz aufzubauen, derzeit zum Beispiel mittels einer Samsung-App. Einige Sachen werden dazukommen. Der Wunsch ist auf allen Devices, sei es mobile, Tablets, Internet, für die SeherInnen zur Verfügung zu stehen. Eben sozusagen state of the art zu sein.
 
Der W24 Seher – wie sieht er/sie aus?
Alter ab 30 bis Mitte 60. Durchschnitt unter 50. Seher, die Interesse haben, was um sie herum passiert. Der Urbanität in und rund rund um die Stadt aufgeschlossen. Stadtrelevante Themen – vom kleinen Unternehmern bis hin zur Bürgerinitiative – stehen im Vordergrund. Nicht nur die, die sich gerne berieseln lassen, wollen wir intensiv ansprechen.
 
Was machen Sie, um Seher zu generieren?
Zweimal im Jahr eine citylight-Kampagne, einem starken Social media Auftritt, Medienkooperationen, auch mit dem ORF, dem Landesstudio Wien oder anderen TV Sendern. Weiters Kooperationen mit Printzeitungen wie Der Standard, mit der Wiener Zeitung, der Stadtzeitung Falter, kleineren Medien. Wir versuchen, durch unsere Präsenz vor Ort halt präsenter zu werden.
 
Wo liegt der Anspruch bei W24?
Niederschwellig zu agieren. Fernsehen ist nichts Exklusives, jeder kann im Fernsehen sein. 2900 Video-Produktion, die wir im Jahr machen, sollen viele Flächen für vielseitiges Publikum bieten.
 
Netflix, ein Internetstreaming-Dienst, ist da – Gefahr oder Bereicherung für W24?

Meine persönliche Meinung: Ich finde das spannend, weil man sich als Medienmacher mit solchen Entwicklungen auseinander setzen muss. Was kann man davon lernen, integrieren in puncto Niederschwelligkeit. Natürlich wird es auch eine Konkurrenz sein, weil man ja nur ein bestimmtes Zeitkapital für den TV-Konsum zur Verfügung hat. Die tollsten neuen Serien und Spielfilme, wer das schaut kann in dieser Zeit auch nicht W24 schauen? Grundsätzlich sind diese Geschäfts- und Produktionsmodelle eben jetzt der Zug der Zeit – und somit noch lange nicht abgeschlossen. Ich konsumiere Fernsehen ja selbst auch, wann ich Zeit habe und wähle mir hier bewusst alles aus. Die Zeiten, wo man vor Jahren um 18.00 daheim sein musste, um die „Lindenstraße“ zu sehen, die sind ja doch schon längst vorbei.
 
Wie sehen Sie die Zukunft des Internets in Bezug auf Fernsehen?
Es erweitert Fernsehen. Die Leute differenzieren da nicht. Meine Kinder schauen sich Sachen am Laptop an, die schauen somit auch einfach "Fernsehen". Das Live-Erleben hat nach wie vor starken Bezug zum Fernsehen. Aktuelles in den Medien zieht. So zum Beispiel ein Live-Spiel mit Barcelona oder die Eröffnung des Life Balls. Da bin ich dann ganz einfach dabei.
 
Welche Bedeutung hat für Sie Second Screen?

Ja, wir beschäftigen uns damit. Allerdings ist das ein sehr komplexes Thema. Ein Thema der Ressourcen, und die Frage, wie man das gescheit bespielt. Es muss inhaltlich Sinn machen, wir werden da ein paar Dinge probieren. Erste Versuche, ein Thema, wie kann man als kleiner Sender sich so darstellen, um begleitende Informationen zusätzlich zu Programm sinnvoll zu liefern, laufen an.

Wer schaut W24, wer finanziert es …

Die W24-Familie, wie schaut sie aus?
Nun, wir haben 43 fixe Angestellte. Dann natürlich auch noch freie und externe Produktionen. 80 Prozent selbst gemacht. 20 werden fix-fertig zugekauft.
Wir konzentrieren uns sehr stark auf die Vorort-Information und weniger in die Schiene, die Richtung Unterhaltung geht.
 
Wie finanziert sich W24?
W24 ist zu 100% in der Wien Holding. Die Basis-Finanzierung, die die Wien Holding aus der Dividende der UPC bekommt, ist vertraglich geregelt. Ansonsten durch klassische Kooperationen und Werbung.
 
Auf wie viele Seher am Tag kann W24 hoffen?

40.000 bis 50.000 pro Tag. Je mehr Sonderproduktionen, umso so eher halten wir mit PULS 4 oder ATV mit. Das neue Sendeformat mit Rapid und den Geschichten hinter den Kulissen, hat eingeschlagen, das interessiert die Fans.
 
Der Blick in die Zukunft: Wird das Fernsehen so bleiben, wie es ist, oder was steht da möglicherweise ins Haus?
Die Schere zwischen ganz groß und ganz klein wird weiter auseinander gehen. Das Thema on demand wird zulegen. Die Fragmentierung wird weiterschreiten
 
Zwei Fragen zum Schluss: erstens, wer waren Ihre ersten TV-Helden?

„Pan Tau“, die Serie suche ich heute noch im TV-Programm. Obwohl es wahrscheinlich nicht mehr zum Anschauen wäre.
 
Ihr Weg zum Fernsehen?
Das ist schon ein ungewöhnlicher Weg. Eigentlich bin ich Sozialarbeiter. Über den Doku-Filmer Egon Humer, der über Wiener Jugendbanden gedreht hat, bin ich mit dem Medium Dokumentation vertrauter geworden. Ich habe dann selber eine Doku über Palästina gemacht, bei der Stadt Wien gearbeitet – im JUgend Bereich, bei der Entwicklung von Okto mitgearbeitet und war bei Radio Orange zehn Jahre im Vorstand. Was macht die Stadt, was tut sich da. Irgendwann wurde ich von W24 gefragt, ob ich diesen Job machen möchte. Da ich ohnehin Zugang zum Stadtnetzwerk und den Communities hatte … Unverhofft, aber ich glaube, es passt sehr gut. Denn irgendwann geht es doch immer wieder um Geschichten. Und da hilft mir die Erfahrung aus der Sozialarbeit schon sehr. Vor allem die Kontakte.

Zur Person

Michael Kofler, W24-Programmdirektor
Seit Dezember 2011 ist Michael Kofler Programmdirektor bei W24. Hauptverantwortlich  für die Neu- und Weiterentwicklung von Sendeformaten, die relevant für die Stadt Wien und ihre BewohnerInnen sind. Studiert hat er an der Akademie für Sozialarbeit und der FH St. Pölten. Seit 1989 war er auf unterschiedlichen Ebenen in der Jugendarbeit tätig: Mitarbeit bei Streetwork sowie Umsetzung von nationalen und internationalen Projekten im Rahmen des Europäischen Sozialfonds und des Youth in Action Programms.

Von 2003 bis Juni 2011 war er Geschäftsführer der Kommunikationsagentur dieloop.at: Schwerpunktmäßige Umsetzung von Projekten an der Schnittstelle Soziale Arbeit, Stadtentwicklung, Arbeitsmarkt, Wirtschaft und Kultur auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene. Von 2003 bis November 2011 war Herr Kofler außerdem Mitglied im Vorstand von Radio ORANGE 94.0 dem freien Radio in Wien. In dieser Funktion war er mitverantwortlich für die Neupositionierung und Reorganisation des Senders.

Alle Fotos: W24