Martin Ladstätter – Mr. Bizeps im Interview

Martin Ladstätter. Foto: BizepsMr. Bizeps, Martin Ladstätter.

Er ist Gründungsmitglied des ersten österreichischen Zentrums für Selbstbestimmtes Leben (BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben). Außerdem ist Ladstätter Redakteur von BIZEPS-INFO und kobinet-Nachrichten sowie Mitglied des Unabhängigen Monitoringausschuss zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie des Menschenrechtsbeirates der Volksanwaltschaft.


Der TVButler traf Martin Ladstätter zu folgendem Gespräch:

Reizworte: Audiodeskription, Gebärdensprache …
Schauen wir, was wir machen können.

Ihr Medienkonsum, wie schaut der Medienalltag aus?
Innenpolitik ist ganz wichtig, die Printzeitung ist gestorben, zu langsam heute. Zugang zur APA, ORF und Standard. Die Hauptkommunikation läuft bei mir über Twitter.

Welche Rolle spielt für Sie das Internet und an welche Barrieren stoßen Sie dabei. Gibt es da welche?
Nein für mich, so wie ich es mir konfiguriert habe, gibt es keine Barrieren mehr. Eine mögliche Barriere ist vielleicht der Umgang mit den Ö1-Journalen.

Das tippt, das wiegt? Stimmt das im Journalismus?

Sie haben beinahe im Rahmen Ihrer journalistischen Tätigkeit, 5.000 Artikel verfasst?
Kann schon sein, aber sicher nicht in zwei Jahren.

Was haben Sie damit bewegt. Was ist Ihre Erfahrung?
Ja, wir haben bewegt. Natürlich werden wir von den Medien so nicht wahrgenommen. Und wir haben uns dann gedacht, wenn die uns nicht wahrnehmen, was hindert uns daran nicht unseren eigenen Nachrichtendienst aufzubauen. Wir haben begonnen mit einer eigenen Zeitung, ganz klassisch Print. Monatlich mit einem A4-Blatt und haben das verschickt. Und um behinderungsübergreifend arbeiten zu können, hat es das auch als Diskette gegeben. Wir haben damals schon elektronisch produziert. Deshalb war der Sprung ins Internet für uns überhaupt kein Problem.

Ihre journalistische Karriere?
Wir, der BIZEPS, sind mit unserem ersten Auftritt 1995 online gegangen, nach dem Motto: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Und damit ist das Vorhaben größer und größer geworden, und wir haben jetzt eine Größe erreicht, wo man sagen kann, wir werden wahrgenommen. Es geht uns darum, dass nicht unser Namen in der Zeitung steht, und wenn ist ist es auch nicht schlecht, aber es geht darum, dass das Thema weiter verbreitet wird, und das erkennen die Kolleginnen und Kollegen irrsinnig schnell. Und die führen das dann weiter.

Was sind die brennenden Themen?

Barrierefreiheit mit dem Pröll-Sager im Frühjahr, das hat ur-gecrasht. Unzählige Briefberge. Die Medienschau der APA kann das belegen. Ein anderes ist die Sterbehilfe, alles rund um die Enquete. Ein Papier, dass Bund und Länder einen Plan über Behinderungspolitik machen wollen. Das schlägt Wellen. Und es ist ein Beweis, das solche Themen bei uns in guten Händen liegen.

Wie schaut's aus mit Barrierefreiheit im Jahr 2016?

Forderung 2016: Barrierefreiheit soll herrschen?
2016 ist keine Forderung, sondern das ist Gesetz. Es wird schlicht und ergreifend nur nicht eingehalten. Der Bund hat das im Bereich Konsumentenschutz eingehalten. Wer sich nicht daran hält, das sind die Länder, die haben das mitunter dreißig Jahre nach hinten geschoben. Das ist eine andere Frechheit.

Was kann man dagegen tun?
Man darf in dieser Frage die Bevölkerung nicht unterschätzen. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viele empörte Mails wir zu diesem Thema bekommen haben ... Viele unterschätzen hier das Thema Barrierefreiheit. Und das müssen wir medial nutzen.

Was wünschen Sie sich von den medialen Medien. Was kann da verbessert werden?
Die Arbeitsgruppe Bundeskanzleramt, da haben wir letztlich ganz klar darüber gesprochen, das Gebärdensprache, Untertitel, Audiodeskription ganz fix Alltag werden. Aber das wächst erst ganz langsam. Nur die Kommunikation muss so aufgesetzt werden, dass dies Standard wird. Und der zweite Punkt: Wichtig ist, dass diese Standard-Angebote auch Zielgruppen-sicher beworben werden.

Das alles kostet natürlich Geld ...
Ja unser Geld, und das leisten wir uns. Wenn ein Ministerium für die Öffentlichkeit wirbt, dann sind behinderte Menschen ein Bestandteil! Es ist nicht einzusehen, warum wir die Informationen nicht bekommen. Denn wenn die Informationen unwichtig wären, dann müssten sie es ja nicht verbreiten.

Barrierefreiheit: Staat oder privat …

Und wie schaut es mit privaten Einrichtungen aus? Sollen die auch zur Barrierefreiheit „gezwungen“ werden?
Ja, ganz klar ja. Es gibt Serviceschienen wie die RTR, die haben auch eine Plattform für Private. Da gibt es Förderungen, die die Privaten nicht abholen. Und wenn das so ist, dass die ein freiwilliges Angebot nicht nutzen, dann bin ich dafür, dass man diese ihnen vorschreibt. Andere Länder machen das auch so. Ich sage nur ein Beispiel. In Deutschland RTL. Die jammern fürchterlich herum, dass sie keine Untertitel machen können. Aus Kostengründen? Ich weiß nicht. In Frankreich sind selbstverständlich 30 Prozent untertitelt.

Die RTR will ja nur mehr fördern, wenn Untertitel wird oder Audiodeskription angeboten wird.
Ja, aber das hat sie ja auch nur gemacht, nachdem ein Kollege von mir die Schlichtungsstelle angerufen hat. Es ist ja nicht nur ein Versäumnis des Unternehmens, sondern auch der Förderungsstelle. Das Gesamtprodukt muss barrierefrei sein.

Barrierefreiheit – mehr als ein Zauberwort?

Wie weit geht barrierefrei?
Gute Frage. Das Behindertengleichstellungsgesetz sagt ganz klar, alles ist barrierefrei zu gestalten.
Wenn's möglich ist – und diese Einschränkung ist wichtig. Im Gesetz steht drinnen, dass es Dinge gibt, die unzumutbar sind. Entweder, wenn sie nicht machbar sind – oder weil sie nicht finanzierbar sind.
Für den Geißler vis-a-vis ist ein eues Eingangsportal vielleicht nicht finanzierbar, da kann man sich dann als Behinderter brausen gehen. Die neue Gesetzeslage sieht vor, grundsätzlich hat alles einmal barrierefrei zu werden. Dennoch gab es 2006 den Plan, dass alle Bundesbauten im Rahmen des Gesetzes durchgeschaut werden müssten. Kann ich etwas umbauen, mit welchem Aufwand und wie lange dauert das. Die Barrierefreiheit ist überall dort, wo sie machbar ist.

Österreich und Barrierefreiheit. Wo stehen wir da?
Ziemlich weit vorne. Und dennoch im internationalen Vergleich unter dem Mittelschnitt. Es ist extrem viel zu tun.

Füt Ihre Anliegen kooperieren Sie auch mit Kobinet …
Kobinet ist ja eigentlich ein Zusammenschluss von einzelnen Journalisten, die grenzüberschreitend Informationen austauschen. Artikel, die für unser Land relevant sind, werden gebracht und natürlich auch umgekehrt.

Wenn man das mediale Verhalten ansieht, schauen Sie eigentlich ins Fernseh-Kastl?
Live, nein! Sehr viel aber über TV-Thek. Info-Sendungen, wie Hohes Haus.

Der TVButler bedankt sich für das Gespräch!

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