George Nussbaumer

George Nussbaumer meets TVButler

George Nussbaumer, fotografiert von Jens Ellensohn

George Nussbaumer, fotografiert von Jens Ellensohn.

George Nussbaumer. Der Mann ist ein Kasten, fast so groß wie sein Klavier. Seine Stimme ist schwarz wie die Musik, die er macht. Aber nicht nur das. Sein Outfit: schwarze Lederjacke, schwarzes Hemd und schwarzer Schuh. Und doch verfügt er über ein total helles Herz. Der TVButler traf den Vorarlberger Vollblut-Musiker in Wien. Location: „Edison“ auf der Alser Straße.

George Nussbaumer hat gerade sein achtes Werk, die Doppel-CD „Five Mess More“ vorgestellt.

George Nussbaumer ist von Geburt an blind. Er kennt den TVButler.at und unser Service im Bereich Hörfilm und Audiodeskription – und er stellt beim Interview vorerst die Fragen:

George Nussbaumer im Interview mit dem TVButler. Bild: Rass Media

George Nussbaumer im Interview mit dem TVButler. Bild: Rass Media

Der Interviewte dreht den Spieß um …

Was ich gerne gewusst hätte, woher bekommt ihr die TV-Informationen?
Wir haben mit dem TVButler im Jahre 2010 begonnen. Da kamen von den Sendern die ersten angereicherten digitalen TV-Informationen. Wir haben uns hier viel Zeit genommen, uns schlau gemacht, und der Anspruch Fernsehprogramm für ALLE ist dabei rausgekommen.

Ich find' das super. Ich bin ja schon öfters auf den TVButler gestoßen. Und jetzt ganz aktuell auch die Community, die nennt sich Fritz-Server, und die holen sich die Informationen vom TVButler.
Bitte, wer ist Fritz?

Fritz, das sind völlig Wahnsinnige. Haben auch eine Rubrik Hörfilme. Filtern die Tonspuren raus und stellen diese ins Netz. Aber nun zu euch.
„Ich finde eure Page super, also der TVButler ist für mich ideal gut zu bedienen, ich finde den Zugang total optimal. Was mich ärgert ist z.B. ,Tatort‘ in ORF 2 – wenn die vergessen die Hörspur einzuschalten. Ebenso die ORF-III-Ankündigungen – die machen das ja mit der Audiodeskrition dann überhaupt nicht. Obwohl ORF ja zukunftsweisend in diesem Bereich unterwegs ist.“

Ich werde mich schlau machen und frage einmal nach. Liebst du als Blinder auch Luftdruckgewehr-Schießen, wie viele anderen Blinde?
Es gibt Dinge, die musst du sehen. Du wirst wie bei Darts eingerichtet, triffst vielleicht in die Mitte, aber du musst alles einfach glauben.

Weißt du, dass ich vor zwanzig Jahren bei dir Zuhause war, das war kurz vor dem Song Contest 1996 wo du mit „Weil’s dr guat got“ den zehnten Platz erreicht hast. Da hattest du unglaublich viele Sender- und Funkmasten. Stehen die heute noch?
Ja, aber ich nutze sie nicht mehr, damals war ja alles analog, heute mit Astra und Eutelsat bin ich ja ständig am Laufenden. Jetzt ist die Technik soweit fortgeschritten, dass ich über Receiver und Satellitenschüssel alles eigenhändig starten kann. Aber damals war das schon sehr wichtig und es hat mir sehr viel Spaß gemacht.

Und was schaut George Nussbaumer im TV?

Wie viel schaust du Fernsehen?
Ich schau' eigentlich sehr viel. Ich zeichne sehr viel auf. Wo ich mir ein bisserl schwer tue, ist das mit den Mediatheken. Oft schwer zu bedienen. Es ist so wie bei allen Menschen, das Live-Fernsehen ist einfach etwas, was ich nicht missen möchte. Es einfach anzuschauen, wenn es kommt. Wenn meine Freundin zapped, dann verlasse ich fluchtartig das Wohnzimmer. Ich bin überhaupt kein Fernsehzapper, und deshalb finde ich den TVButler so fein, weil ich da wirklich schauen kann, kommt da etwas, was mich interessiert und wenn ja, schaue ich das auch. Oder ich zeichne es auf.

Das ist das typische Problem des Daten-Horten oder?
Ja, auch ich muss da aufpassen, denn meine 500 Giga-Byte-Festplatte ist laufend voll. Und dann komme ich nicht dazu, das zu sehen, was ich aufgezeichnet habe. Zum Beispiel 17 „Schnell ermittelt"-Folgen, die ich mir anschauen wollte, und die dann übrig bleiben.

Ist es schwierig, die Mediatheken zu bedienen?
Der ORF hat mich verärgert. Früher waren alle unmittelbar zu bedienen. Jetzt ist es so, dass jede Sendung mit dem Wort BILD beginnt. Da wird man wahnsinnig. Jeder Link fängt mit BILD an. Wenn es einmal anders war und es hat funktioniert, dann nimmt man das nicht so hin. Vielleicht kannst du das etwas ausrichten. Ich habe es ja selbst versucht, aber ich komme da nicht weiter. Einmal bin ich bei einer Dame gelandet, und die hat mir gesagt, „na ja da müssen’s halt ... ?" Ich habe versucht mich zu beschweren, habe viele Instanzen angerufen. Alles was zurück kam ist, schicken Sie uns das einmal schriftlich.

Barrierefreundlich – ist das wichtig?

Gibt es am TVButler auch etwas auszusetzen?
Ich finde euer Projekt eine großartige Geschichte. Ich muss da einmal etwas tiefer gehen, in die unteren Ebenen schauen. Ihr bietet da sicherlich noch viel mehr. Ich finde, dass eure Seite absolut fein zu bedienen ist.

Wir haben den Anspruch gehabt, für alle da zu sein.
Satelliten-Receiver, die auf den TVButler zugreifen. Gibt es das schon. Das wäre ein toller Fortschritt. Wie viele machen den TVButler?

Na ja! Wir sind zu zweit und haben stundenweise einen ganz tollen Techniker zur Hand...
Wahnsinn! Ich finde das wirklich großartig! Und natürlich ist es so, dass man sich einmal durch eine Seite im Internet durcharbeiten muss. Wo sind die bleibenden Links, wo bekomme ich meine gewünschten Informationen her.

Der Punkt ist ja das mit dem barrierefreundlich.
Da hast du Recht. Für meine Mutter zum Beispiel ist das so, die verweigert jede Art von Computer. Zuerst fangen die Barrieren im Kopf an. Wenn die erst einmal beseitigt sind, fängt es ja von vorn an. Ich erzähle dir meine Geschichte von Netbanking. Da hieß es auf meine Anfrage, das dauert, das müssen sie erst entwickeln. Dann gab es ein Offline-Muster, das hat das alles so gespielt, wie ich das wollte. Also warum eine eigene Entwicklung anstreben, wenn es ohnehin funktioniert. Die haben einfach nicht geschnallt, dass ohnehin alles bestens vorhanden war.

Also wieder einmal falsch gedacht?
Es ist nicht wichtig zu sagen, dass es auch für Blinde zu bedienen sei. Du kannst nicht einfach so eine barrierefreie Homepage machen, das funktioniert nicht. Es soll und muss für fast alle so sein. Und fertig.

George und sein CD_Cover. Bild: Jens Ellensohn

Coverfoto von Nussbaumers neuesten Wurf.

Zwei Doppel-CDs gewinnen
Hörbeispiele auf Nussbaumers Homepage

George Nussbaumer und sein neuestes Projekt

Kommen wir zu deiner Musik. Du hast mit „Five Mess More" eine neue Doppel-CD auf den Markt gebracht ... Was bewegt dich, nach wie vor solche Projekte zu machen?
(lacht …) Wahnsinn, Dummheit, Ignoranz, aber vor allem Freude. Ich habe immer gesagt, das ist vielleicht meine letzte CD, nicht im Sinne der Musik, wohl aber im Bereich der Verbereitung. Es war der Ansporn, es noch einmal zu machen. Es war die Motivation da, eine tolle Band war da. Ich hatte eine ziemlich klare Vorstellung im Kopf, wie das klingen soll. Und wenn der Zug einmal startet, dann kannst du das nicht so einfach stoppen. Das alles kostet ja sehr viel Geld. Ich habe bisher alle Projekte selber finanziert. Es hat das Bauchgefühl gestimmt.

Die Musik kam vom Berg und und aus dem Studio …
Ja, Teil 2 war im Studio, da muss man allerdings immer wieder, immer wieder reinwachsen. Da kommen die Musiker, die ja alle arbeiten, gegen 19.00 Uhr, bis alles aufgebaut ist, dauert's auch. Dann spielen, um 22.30 das Studio wieder zu verlassen, da war es schon geschickter einen tollen Schweizer Tonkünstler, Patrick Müller, anzumieten und rauf auf den Berg, quasi in Klausur.

Michelle: überrascht den Papa mit ihrer Stimme

Für die Tochter Michelle hast du auch dreimal in die Tasten gehaut.
Ja, das war mehr als sonderbar. Meine Tochter ist jetzt 30. Und ich wusste, abseits von Kinderliedern, die ja eh fast alle singen können, nicht, was sie drauf hat.

Und wie kam's dazu?
2011 fragte sie mich, „die Mama hat Geburtstag … und was soll ich ihr schenken“. Und ich sag' so spaßhalber, sing ihr doch ein Lied. Vier Wochen später schickt sie mir eine sms mit der Botschaft, „ja ich mach's“ und sie möchte bei mir vorbeischauen, vorsingen und hat um eine ganz ehrliche, wirklich ganz ehrliche Meinung gebeten.

Und?
Das war nicht brauchbar, das war großartig, und ich war völlig von den Socken. Ich habe mit ihr ein Duett einstudiert, das ist nicht auf der CD, aber die ganze Verwandtschaft war bei der Geburtstagsfeier mehr als perplex.

Und jetzt?
Ja, und dann hab’ ich gesagt, wir suchen zwei Duette aus, ein Solo und rauf auf die CD. Die Band musste ich noch überzeugen, die war skeptisch – und wir hatten keine Alternative. Alles oder nichts. Jetzt ist es so, dass sie bei all den Konzerten, Präsentationen mitfährt. Wie es weitergeht, das wissen wir einfach nicht.

Der wievielte Tonträger ist das?
Ich habe gerade gestern nachgerechnet, weil ich diese Frage erwartet habe. Es ist der achte. Nachdem ich seit 1988 als Musiker im Geschäft bin, bin ich kein inflationärer Tonträger-Produzent.

Der Unterschied ziwschen Naturaufnahme und Studio?
Studio ist ganz grausam, weil es all die Schwächen gnadenlos offenbart. Man kann alles immer wieder einspielen, aber es wird deshalb nicht unbedingt besser.

Ist das Geschäft härter geworden?
Nicht härter, anders. Der Konsument findet, dass Musik gratis sein soll oder extrem billig. Junge Leute finden, dass sie eher bereit sind für eine Flasche Evian Geld auszugeben als für Musik.Es ist einfach so, die Leute, die ich mit meiner Musik befriedige, sind teilweise schon etwas älter. Und die geben vielleicht 150 Euro für ACDC aus, aber das, was in ihrer Nähe stattfindet, sollte dann doch eher gratis sein. Das Angebot ist größer geworden, es gibt viel mehr Leute, die jetzt Musik machen. Man sieht, dass immer mehr Menschen Jäger und Sammler geworden sind. Früher musste man vor der Pause-Taste sitze um die An- und Ab-Moderation vom Tonträger fernzuhalten. Heute geht man mit der 500 Giga-Byte-Festplatte zum Freund, spielt eine unglaubliche Palette von Musik auf einen anderen Speicher, ohne das je ein Ton durch den Raum geschallt hat oder ist.

Wird das so bleiben?
Der Trend geht jetzt dahin, dass immer mehr Menschen wieder etwas Haptisches wollen. Inklusive der Neugier, wie schaut eigentlich das Cover aus.

Und wie entsteht das Cover, wenn man nichts sieht?

Apropos Cover: Da du es nicht siehst. Kriegt man da Vorschläge, wer sucht das aus?
Da schneidest du etwas ganz Delikates an, das war immer mein ganz großer Horror. Alles was Audio betrifft ist okay für mich, aber beim Cover, da muss ich mich einfach auf jemanden verlassen können. Ich hatte diesmal schon so einen richtigen Horror gehabt vor dem Moment. Der Bruder vom Walter Schüler, dem Gitarristen, hat dieses Cover gestaltet, und wir hatten mehrere Vorschläge und mit der Band gab es einen demokratischen Entscheid. Und der Vorschlag mit dem Klavier war einfach so großartig, dass bis jetzt niemand auf die Idee kam zu sagen, dass es irgendwie schrecklich ist. Und ich konnte auch an der Mitgestaltung teilhaben, da ich erstmals mit Braille-Schrift die CD beschriftet drucken lassen habe.

Was sind deine Erwartungen von „Five Mess More“?
Das hat mich noch niemand gefragt …

Einer muss es tun!
Mir gefällt die CD, ich habe eine Freude damit. Und weil die Erwartungen sehr tief sind, sind sie auch schon übertroffen worden. Es sind einige sehr freudige Momente passiert, zum Beispiel eine Radio-Sendung auf Ö1, die Aufnahme in den gutsortierten Plattenhandel, aber ich weiß, ich muss dafür noch sehr viel arbeiten. Erwartungen ist zuviel gesagt, es sind Wünsche. Und ich wünsche mir und meiner Band sehr viele Gigs.

INFOS ZUR DOPPEL-CD:

Die Band:

George Nussbaumer - Piano, Harp, Vocals, Backing Vocals Walter Schuler - Guitars Markus Kreil - Bass Lukas Bildstein - Drums, Percussion


Gäste:

Michelle Nussbaumer - Vocals (Wounded heart & Peace of mind & When all is said and done), Richard Wester - Saxophone, Flute Mischa Kraus - Bass (Peace of mind), Gail Anderson - Vocals (Cry to me & Is that you) Petra Bonmassar - Backing Vocals (Giù & Down to the river & Is that you), Andy Loser - Hammond Bernie Weber - Harp (Ta Douleur), Rolf Hammermüller  - Streicherarrangement (Nobody wins)

Songliste:

CD 1:

1   To know you is to love you (Stevie Wonder) 

2   Ta Douleur (Camille) 

3   Giù (George Nussbaumer/Walter Schuler) 

4   Just as long as you are there  (Henry Hirsch / Lenny Kravitz)

5   Cry to me  (Bert Russell) 

6   Something special (Randy Newman) 

7   Valley of the Kings (Marc Cohn) 

8   Cast away (Walter Schuler/George Nussbaumer)

9   Betterm(Franne Golde) 

10 Is that you (Buddy Miller / Julie Miller)

CD 2:
1   Down to the river (George Nussbaumer/Henry Rose)
2   I wanna dance with somebody (George Merrill / Shannon Rubicam)

3   Wounded heart (Jude Johnstone)

4   Peace of mind (Richard Page)

5   Feels like home (Randy Newman)

6   Nobody wins (Kris Kristofferson)

7   Baltimore (Randy Newman)

8   When all is said and done (Benny Andersson / Björn Ulvaeus)

9   The Messenger (Daniel Lanois)

10 Down to the river (Bonus) (George Nussbaumer/Henry Rose)